Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht

AGB-Klausel – Rufnummer plus Passwortpflicht für SIM-Kartensperre unwirksam

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 23.10.2025 eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Telekommunikationsunternehmens für unwirksam erklärt. Nach dieser musste der Kunde seine Rufnummer und sein persönliches Kennwort nennen, um seine SIM-Karte sperren zu lassen.

In ihrer Begründung führten die BGH-Richter aus, dass zwar beide Seiten ein berechtigtes Interesse an einer zuverlässigen Authentifizierung haben, um missbräuchliche Sperrungen zu verhindern. Die Pflicht, für die Sperre zwingend das persönliche Kennwort des Kunden anzugeben, beeinträchtigt jedoch das berechtigte Interesse des Kunden an einer schnellen und unkomplizierten Sperre in unzumutbarer Weise.

Angesichts der Vielzahl an Passwörtern im Alltag kann vom Mobilfunkkunden nicht erwartet werden, sämtliche im Gedächtnis zu behalten oder bei Abwesenheit von der Wohnung schriftlich mitzuführen. Einem Telekommunikationsunternehmen ist es dagegen zumutbar, auch andere Authentifizierungsmöglichkeiten zuzulassen, etwa die Beantwortung einer zuvor hinterlegten Sicherheitsfrage. Diese Variante bietet i. d. R. einen vergleichbaren Schutz vor einer missbräuchlichen Sperre durch Dritte, verlangt jedoch kein sofort abrufbares Passwortwissen ohne jede Gedächtnisstütze.

Altgesellen dürfen väterlichen Handwerksbetrieb übernehmen

In der Handwerksordnung (HwO) ist unter anderem Folgendes geregelt: Eine Ausübungsberechtigung für zulassungspflichtige Handwerke erhält, wer in diesem Handwerk, in einem verwandten zulassungspflichtigen Handwerk oder in einem dem zu betreibenden zulassungspflichtigen Handwerk entsprechenden Beruf eine Tätigkeit von insgesamt 6 Jahren ausgeübt hat, davon insgesamt 4 Jahre in leitender Stellung.

Eine leitende Stellung ist dann anzunehmen, wenn dem Gesellen eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse in einem Betrieb oder in einem wesentlichen Betriebsteil übertragen worden sind. Der Nachweis hierüber kann durch Arbeitszeugnisse, Stellenbeschreibungen oder in anderer Weise erbracht werden.

Die HwO legt damit klar fest, unter welchen Voraussetzungen eine Ausübungsberechtigung ohne Meistertitel möglich ist. Entscheidend sind die Dauer der Berufserfahrung und eine tatsächlich gelebte Leitungsverantwortung. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz über zwei selbstständige, aber inhaltlich sehr ähnliche Fälle zu entscheiden. Die Söhne der Firmeninhaber arbeiteten jeweils seit 2004 in den väterlichen Familienbetrieben, einem Maler- und Lackiererbetrieb sowie einem Steinmetz- und Steinbildhauerbetrieb, als Gesellen. Nach einigen Jahren übernahmen sie in enger Zusammenarbeit mit ihren Vätern auch die Aufgaben eines leitenden Angestellten. Die Handwerkskammer lehnte dennoch die Erteilung von Ausübungsberechtigungen für die zulassungspflichtigen Handwerke ab.

Zu Unrecht, entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Die Söhne hätten die Voraussetzungen für eine Ausübungsberechtigung nach der HwO erfüllt. Insbesondere hätten diese Altgesellen in ihrem Handwerk bereits mehr als 20 Jahre gearbeitet und davon deutlich mehr als 4 Jahre in leitender Stellung mit eigenverantwortlichen Entscheidungsbefugnissen.

Die HwO enthält keine Vorgaben zur Betriebsgröße oder zur Betriebsform. Die für eine Ausübungsberechtigung erforderliche leitende Berufserfahrung kann daher auch in Klein- und Kleinstbetrieben erworben werden.

Auf eine Postlaufzeit von ein bis zwei Tagen kann nicht vertraut werden

Nach dem Postgesetz müssen Universaldienstanbieter (z. B. Deutsche Post) von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen und inländischen Paketen im Jahresdurchschnitt jeweils mindestens 95 % an dem dritten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag und 99 % an dem vierten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag zustellen.

Daher kann im Rahmen der Wahrung von Rechtsmittelfristen nicht mehr darauf vertraut werden, dass postalische Briefsendungen bereits vor den o. g. genannten Laufzeiten bei Gericht eingehen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann daher nicht gewährt werden, wenn der Rechtsmittelführer erwartet hat, dass sein zur Post gegebenes Rechtsmittel bereits am nächsten Werktag beim Gericht eintrifft.

In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a. M. entschiedenen Fall legte ein Kindesvater gegen einen familiengerichtlichen Beschluss Beschwerde ein. Diese ging jedoch erst am 19.8.2025 beim Amtsgericht ein und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist (18.8.2025). Nach Hinweis auf die Fristversäumnis beantragte der Kindesvater Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er machte geltend, er habe das Beschwerdeschreiben am Samstag, dem 16.8.2025, per Einwurfeinschreiben aufgegeben und sei davon ausgegangen, dass es spätestens am Montag, dem 18.8.2025, beim Gericht eingehen würde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung blieb erfolglos.

Die Entscheidung zeigt, dass bei fristgebundenen Zustellungen ausreichend Zeit für die Postlaufzeit eingeplant werden muss. Die Richter betonten, dass auf eine früher übliche Postlaufzeit von einem oder zwei Werktagen nicht mehr vertraut werden kann.

Gesetzliche Unfallversicherung bei Weihnachts- und Betriebsfeiern

Viele Unternehmen stärken das Betriebsklima durch gemeinsame Ausflüge oder Feste. Allerdings steht nicht jede gesellige Zusammenkunft von Beschäftigten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Private Feiern, etwa zu Geburtstagen oder Beförderungen, bleiben selbst dann unversichert, wenn sie im Betrieb stattfinden. Damit eine Betriebsfeier oder ein Betriebsausflug als versicherte Gemeinschaftsveranstaltung gilt, muss

•    der Arbeitgeber Veranstalter sein
•    die Veranstaltung dem Zweck dienen, das Betriebsklima zu fördern und die Verbundenheit unter den Beschäftigten zu stärken
•    die Unternehmensleitung oder eine von ihr beauftragte Person an der Veranstaltung teilnehmen
•    die Teilnahme an der Veranstaltung sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offenstehen

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn in größeren Unternehmen einzelne Organisationseinheiten eigene Gemeinschaftsveranstaltungen durchführen. In solchen Fällen gilt deren Leitung als Veranstalter, sofern dies im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung geschieht. Dieses Einvernehmen kann ausdrücklich vereinbart sein oder sich aus der gelebten Unternehmenskultur ergeben. Eine Teilnahme der Unternehmensleitung ist dann nicht erforderlich. Hier genügt die Teilnahme der jeweiligen Untereinheitsleitung.

Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die Teilnahme an der Veranstaltung als auch den direkten Hin- und Rückweg. Kein Arbeitsunfall liegt jedoch vor, wenn der Unfall allein auf Alkoholkonsum zurückgeht oder sich während einer privaten Unterbrechung des Heimwegs ereignet. Eine solche Unterbrechung liegt beispielsweise vor, wenn Beschäftigte nach der offiziellen Feier noch gemeinsam eine Gaststätte aufsuchen.

Werden zu einer versicherten Veranstaltung Familienangehörige, ehemalige Beschäftigte oder andere Gäste eingeladen, bleibt der Versicherungsschutz für die betriebliche Veranstaltung bestehen. Diese weiteren Teilnehmer stehen jedoch selbst nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Probezeitkündigung im befristeten Arbeitsverhältnis

In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall arbeitete eine Arbeitnehmerin seit 22.8.2022 in einem Unternehmen als Beraterin im Kundenservice. Das Arbeitsverhältnis war auf ein Jahr befristet, wobei es mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein sollte. Die ersten 4 Monate der Tätigkeit vereinbarten die Parteien als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist.

Mit einem am 10.12.2022 zugegangenen Schreiben wurde der Arbeitnehmerin ordentlich zum 28.12.2022 gekündigt. Die Frau machte nun geltend, dass die vereinbarte Probezeit unverhältnismäßig lang sei, sodass das Arbeitsverhältnis frühestens mit der gesetzlichen Frist zum 15.1.2023 enden könne.

Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. So ist es im Teilzeit- und Befristungsgesetz geregelt. Für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis gibt es jedoch keinen Regelwert. Vielmehr ist stets eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen.

Angesichts des vom Arbeitgeber aufgestellten detaillierten Einarbeitungsplans mit 3 verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer, nach denen die Mitarbeiter produktiv einsatzfähig sein sollen, hat das BAG hier die Probezeitdauer von 4 Monaten als verhältnismäßig angesehen.

Paarvergleich: Gleiche Arbeit – gleicher Lohn

Grundsätzlich haben Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Anspruch auf gleiches Entgelt. Verlangt eine Arbeitnehmerin gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das eines männlichen Kollegen, der die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, regelmäßig die Vermutung, dass diese Benachteiligung wegen des Geschlechts erfolgt ist.

Für die – vom Arbeitgeber zu widerlegende – Vermutung einer Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts genügt es, wenn die klagende Arbeitnehmerin darlegt und im Bestreitensfall beweist, dass ihr Arbeitgeber einem anderen Kollegen, der gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet, ein höheres Entgelt zahlt. Dabei ist für das Eingreifen der Vermutungswirkung weder die Größe der männlichen Vergleichsgruppe noch die Höhe des jeweiligen mittleren Entgelts beider Geschlechtsgruppen von Bedeutung.

Mehrfamilienhäuser im Einfamilienhausgebiet möglich

Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen begründet der Gebietsgewährleistungsanspruch regelmäßig kein Abwehrrecht gegen Mehrfamilienhäuser in einem bisher durch Einfamilienhausbebauung geprägten Gebiet.

Grundstückseigentümer haben es in bebauten innerstädtischen Wohngebieten grundsätzlich hinzunehmen, dass Grundstücke innerhalb des Rahmens baulich genutzt werden, den das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht vorgeben, und dass es dadurch auch zu Einsichtnahmemöglichkeiten kommt, die in bebauten Gebieten üblich sind. Vielmehr entspricht es in bebauten Gebieten dem Regelfall, dass aus den Fenstern – und auch von den Balkonen – eines Wohnhauses Blicke auf Nachbargrundstücke geworfen werden können.

Wohngebäudeversicherung – Leerstand allein keine Gefahrerhöhung

Die Klausel „Das Gebäude ist nicht länger als 6 Monate ununterbrochen unbewohnt“ kann in einer Wohngebäudeversicherung nicht wirksam als Gefahrerhöhungstatbestand herangezogen werden. Das bloße Leerstehen eines Wohngebäudes kann für sich allein betrachtet noch nicht als Erhöhung der (Brand-)Gefahr angesehen werden. Von einer erhöhten Brandgefahr kann erst gesprochen werden, wenn zum Leerstand weitere risikosteigernde Umstände hinzukommen.

In dem vom Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) entschiedenen Fall stand das versicherte Haus folgenreich langjährig leer. Unbefugte drangen regelmäßig in das Haus ein und hatten sich davon auch nicht durch wiederholtes Verschließen der Türen abhalten lassen. Wie sich aus den verbliebenen Überresten von Behältnissen und Zigaretten erschloss, haben sie sich dort auch durchaus länger aufgehalten.

Ferner war in dem Haus Strom vorhanden. Aufgrund dieser Umstände hätte der Versicherungsnehmer diese Gefahrenerhöhung der Versicherung anzeigen müssen. Das diese Anzeige nicht gemacht wurde, hatte zur Folge, dass die Leistung in dem Brandfall um 60 % gekürzt wurde. Zu Recht, wie die Richter des OLG entschieden.

Bedienung einer E-Zigarette mit Touchdisplay am Steuer verboten

Das Oberlandesgericht Köln hat mit Beschluss v. 25.9.2025 in letzter Instanz entschieden, dass die Bedienung einer E-Zigarette am Steuer durch Autofahrer ein erhebliches Bußgeld nach sich ziehen kann. Ein Kölner Autofahrer, der während der Fahrt die Stärke seiner E-Zigarette auf dem Touchdisplay geändert hatte, muss nun endgültig eine Geldbuße in Höhe von 150 € bezahlen und zusätzlich droht ihm noch die Eintragung eines Punktes in Flensburg. Eine E-Zigarette mit Touchdisplay ist ein Gerät mit „Berührungsbildschirm“ im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung.